Herbstluft

 

Im Wechsel der Jahreszeiten erscheint mir der Herbst wie die letzte Seite eines Buches, das nun zugeklappt im Schoß eines pfeiferauchenden alten Mannes liegt, der gemütlich im Schaukelstuhl sitzt und zufrieden über seine Brille hinweg in das prasselnde Feuer des offenen Kamines blickt. Er macht sich Gedanken über die Lektüre, in die er sich zuweilen so wunderbar verloren hatte. So völlig verloren, dass es ihn selbst gar nicht mehr gab, sondern nur noch die Geschichte  -  er war die Geschichte. Er wurde zur Leinwand, auf der sich die Geschichte des Buches abspielen konnte. Nun war das Buch zu Ende und damit die Selbstverlorenheit des alten Mannes. Es kehrten die Gedanken zurück und er fühlte sich wieder als etwas getrenntes von der Geschichte. Er und die Geschichte. Er fragte sich, wer er wohl gewesen war, solange er gelesen hatte und gar nicht mehr an sich dachte sondern es nur diese eine Geschichte gab und alles zu dieser einen Geschichte wurde. Gab es ihn als Person überhaupt, wenn er keinen einzigen Gedanken daran hatte? Ein lautes Knacksen des Kaminfeuers holte ihn plötzlich und nachdrücklich aus seiner gedanklichen Reise zurück in den Schaukelstuhl und nachdem er sich seine Pfeife nochmal angezündet hatte, verzog sich sein Gesicht zu einem leichten Grinsen und er blickte zufrieden über seine Brille hinweg in das prasselnde Feuer des offenen Kamines.

 

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