alles durchströmt

Wie glücklich muss dieser Mensch sein.
Er sitzt auf einer Parkbank, wird von der Sonne beschienen und döst vor sich hin.
Das bringt  mich auf einen Gedanken.
Jeder Mensch kommt ungewollt auf die Welt.
Das heißt, er hat nicht gewollt, dass er auf die Welt kommt.
Die Eltern haben es gewollt.
Nun denkt sich der Mensch:
“Wenn ich schon aufgrund anderer auf die Welt kommen muß,
dann sollte ich wenigstens so sein dürfen, wie ich will”.
Aber die Gesellschaft ist da anderer Meinung und zwingt ihn in Erziehung,
Konventionen, Ansichten, Meinungen und Religionen.
Er versucht, sich anzupassen, sich zu integrieren, seinen Weg zu finden,
so zu sein “wie ich bin”, zu sein wie andere, rechtschaffen zu sein,
gut zu sein, höflich zu sein, nett zu sein. Er versucht, etwas aufzubauen.
Er versucht, zu lernen, zu bestehen, zu arbeiten, zu Wohlstand zu kommen,
sich etwas zu beweisen, sich abzugrenzen, bei anderen gut dazustehen,
Freunde zu gewinnen, Weisheit zu erlangen – um es kurz zu machen,
er versucht, glücklich zu werden. Und nach vielen Jahrzehnten harter Arbeit
und Entbehrung, vielen Enttäuschungen und Abstürzen erkennt er endlich ….

Da ist gar kein Ich – alles geschieht einfach – und Gedanken sind wie ein Radio im Kopf.
Ich kann ihn zwar nicht ausschalten, aber ich muss ihm auch nicht glauben.
Was ich tue oder nicht tue ist irrelevant, denn ich habe nicht mal meine eigene Geburt verursacht.

“Es gibt hier etwas, das wir Leben nennen.
Es ist unerklärbar, unvermeidbar, absolut direkt, unpersönlich,
geheimnisvoll und es durchströmt alles -
auch mich und es spielt sein Spiel… durch mich und mit mir…
alles durch…mich…  spielt… strömt…
ALLES DURCHSTRÖMT…”

…klingt noch in seinen Ohren und mit diesem
Gedanken setzt er sich auf die Parkbank und schläft ein……..

ALLES DURCHSTRÖMT…. ALLES….     ALLES!

Das Bild ist im Schlosspark Bayreuth entstanden.
Aufgrund seiner Verfassung wollte ich ihn nicht fragen,
ob er  fotografiert werden will, oder nicht.
Ich bin daher nach der alten Weisheit gegangen:
“Wer schweigt, stimmt zu” :-)

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Dieses Bild ist am 31. Mai diesen Jahres entstanden.
Aber es geht schon wieder dahin zurück.
Man spürt ihn schon förmlich, den Herbst.
Es wird kühler, das Leben wird leiser.
Die Sonne steht tiefer und wirft ein anderes Licht auf die Welt.
Mal sehn, was mein alter Freund Hermann Hesse dazu sagt…

Waldränder glühen golden,
Ich geh den Weg allein,
Den ich mit meiner Holden
So vielmal ging zu zwein.

In diesen guten Tagen
Zerfließt mir Glück und Leid,
Daran ich lang getragen,
In Duft und Ferne weit.

Die Bauernkinder springen
Im Heidefeuerrauch;
Da heb ich an zu singen
Wie alle andern Kinder auch.

(“Herbsttag” um 1911)

wer weiß


Wer weiß, wie stark ich vor 60 Jahren war?
Wer weiß, was ich mit 20 geträumt habe?
Wer weiß, wann ich zum ersten Mal ein Mädchen geküsste habe?
Wer weiß, was ich in meiner Lehrzeit durchmachen musste?
Wer weiß, wie ich die Kriegs- und Nachkriegszeit erlebt habe?
Wer weiß, was ich denke?
Wer weiß, wohin ich gehe?

Ich!

Wer wird sich in 60 Jahren noch an mich erinnern?